Premierenbericht Recycled

Geschickt und charmant versteht es der Gewinner des Neulingsnagels 2003 sowie des Römer Kleinkunstpreises 2004 Assoziationsketten zum Thema Recycling, Alt und Neu, Wiedergekäutes und Innovatives beliebig zu variieren. Das Spektakel bietet ihm dazu die passende Bühne und ein wohlwollendes Premierenpublikum.

Es ist ein schmaler Grat zwischen der Kunstwelt der Comedy, der Zauberwelt der Magie und des poetischen Wortwitzes, denn der junge Mann setzt gekonnt Gedichte von Kurt Tucholsky oder Wilhelm Busch ein - ja dem „guten Busch“, nicht Bush, der übrigens auch in einer schnoddrigen Nebenbemerkung sein Quentchen Kritik abbekommt.

Da ist ein junger begeisterungsfähiger Künstler auf der Bühne, der zwischen allen Genres von Comedy, Zauberei und Kabarett einen eigenständigen Weg gehen will. Er ist aber klug genug zu wissen, dass alles schon einmal da war: im Leben wie in der Kunst und spielt daher mit diesem Motto.

Er will staunen machen und mit seinem offenen und frechen Lachen die Leute zum Schmunzeln bringen, so durch aktive Mithilfe des Publikums werden Kartentricks, die man als uralt zu kennen glaubt, im neuen Gewande, wie z. B. einem Ferntelefonat nach Hamburg, präsentiert.

Mit dem Publikum versucht er in Kontakt zu bleiben, er provoziert es, er registriert Aufmerksamkeit und dessen Schwinden und weiß um die Wichtigkeit vom geglückten dramaturgischen Ablauf eines Abends, der sich nicht genau kategorisieren lässt.

Schuller streift viele Themen und lässt dann seinen Gedanken zwischen den professionell eingesetzten Zaubernummern freien Lauf:
Der hässlich-böse Nachbar mit seinem Hund und dem dabei naturgemäß vor der nachbarlichen Wohnungstür liegenden Hundstrümmerls bis hin zum Thema des Gläsernen Menschen, dessen Daten allen offiziellen Stellen bekannt sind, um nur einige zu nennen.

Der ganz normale Alltag, die Launen, die man mit einem Stimmungsbarometer, das in Form einer Bastelvorrichtung mit Daumen nach oben oder nach unten, mitgebracht wurde, bis zu gesellschaftlichen Themen beschäftigen ihn.

Die Phantasie der Zuseher soll angeregt werden, wenn mit Glaskugel, Seilen, Zeichnungen aller Art sehr diffizil Stimmungen evoziert werden, die sowohl politischen als auch ästhetisch-literarischen Hintergrund haben.

Erstaunlich, dass ein so junger Mensch mit so viel Selbstvertrauen und Weltwissen auf die Bretter, die die Welt bedeuten, steigt um dort undurchschaubare Seiltricks zu zeigen, die er mit einer Abwandlung Goethes Gedicht vom Zauberlehrling locker verbindet.

Ein Abend für die, die sich nur unterhalten wollen, aber auch für jene aufnahmefähigen und sensiblen Menschen, die die durchaus kritisch-bissige Botschaft hinter der humorvollen Art Schullers verstehen.
Dieser Mann erarbeitet sich seinen unverwechselbaren Stil zwischen Magie und (politischem) Kabarett, wenn auch bei gewissen Übergängen noch der Feinschliff fehlt, ist das ein Weg, zu dem man ihm nur ermutigen kann. Wer sonst könnte in Österreich behaupten, diese Talente in sich zu vereinen?

Karoline Janicek für Klein&Kunst Onlein